Veranstaltung: | Deli |
---|---|
Antragsteller*in: | Bundesvorstand (dort beschlossen am: 16.08.2025) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 26.08.2025, 11:26 |
A12: Positionspapier: Lärm, Gefahr und Müll: Zeit für ein Ende privater Böller und Feuerwerke
Antragstext
Silvester ist für die meisten ein emotionaler Höhepunkt des Jahres – ein Moment
der Gemeinschaft und des Neubeginns. Für viele Menschen gehört das
Silvesterfeuerwerk dabei traditionell zum Jahreswechsel dazu. Doch der Brauch
hat gravierende Folgen: Tonnenweise Feinstaub belasten die Luft, Tiere geraten
in Panik, Notaufnahmen sind überfüllt, Rettungs- und Einsatzkräfte überlastet –
und die Kosten für Reinigung und Schäden tragen am Ende die Kommunen. Uns geht
es nicht darum, Menschen das Feiern oder das Erleben von Gemeinschaft an
Silvester zu nehmen. Vielmehr fordern wir ein ganzjähriges Verbot privater
Feuerwerkskörper der Kategorie F2, um die negativen Folgen für Natur, Tiere und
Gesellschaft zu minimieren. Wir setzen uns für neue, nachhaltige Wege ein, den
Jahreswechsel gemeinsam zu feiern – verantwortungsvoll und im Einklang mit
Umwelt und Gesundheit.
Das Zünden von Feuerwerkskörpern führt kurzfristig zu einer extremen
Luftverschmutzung, was auf die pyrotechnische Zusammensetzung der
Feuerwerkskörper zurückzuführen ist (Khedr et al. 2022, S. 2). Laut dem
Umweltbundesamt (UBA) werden jährlich rund 2.050 Tonnen Feinstaub (PM10) durch
das Abbrennen von Feuerwerkskörpern freigesetzt, der größte Teil davon innerhalb
weniger Stunden zum Jahreswechsel. Diese Menge entspricht fast einem Prozent der
jährlichen Feinstaubemissionen in Deutschland. In vielen Großstädten erreichen
die PM10-Stundenwerte in den ersten Neujahrsstunden bis zu 1.000 µg/m³
(Umweltbundesamt 2025) - bei einem EU-Tagesgrenzwert von 50 µg/m³, der so um ein
Vielfaches überschritten wird.
Die Feinstaubpartikel sind dabei mit Sulfaten, organischen Stoffen, Kalium und
toxischen Schwermetallen zur Darstellung von Farben, wie Barium (grün),
Strontium (rot) und Kupfer (blau) angereichert (Manchanda et al. 2022). Ein
Großteil dieser Partikel, insbesondere Feinstaub der Fraktion PM2,5, sind dabei
so klein, dass sie tief in die Bronchien, Lungenbläschen und von dort sogar in
den Blutkreislauf eindringen können, wo sie nachweislich die Gesundheit
schädigen (Gouder und Montefort 2014, Petrowski et al. 2019). Bereits bei
gesunden Menschen können in der Silvesternacht vorübergehend Atemwegsbeschwerden
auftreten, bei Asthmatiker*innen steigt der Medikamentenbedarf deutlich. Studien
zeigen zudem einen Anstieg von Krankenhauseinweisungen wegen Atemwegs- und Herz-
Kreislauf-Erkrankungen sowie eine erhöhte Sterblichkeit an den Tagen nach
Silvester (Umweltbundesamt 2023).
Neben der Luftverschmutzung führt privates Feuerwerk auch zu erheblichen
Belastungen von Böden und Gewässern. Allein in den fünf Großstädten Berlin,
Hamburg, München, Düsseldorf und Frankfurt am Main sammelten kommunale Entsorger
jährlich vor der Coronapandemie am Neujahrstag zwischen 134 und 183 Tonnen
Silvesterabfall (Verband kommunaler Unternehmen 03.01.2022). Dennoch bleiben vor
allem außerhalb gereinigter Bereiche erhebliche Mengen Müll zurück, insbesondere
Kunststoffreste von Hülsen, Kappen und Verpackungen. Diese zersetzen sich nur
sehr langsam, können zu Mikroplastik werden und so in die Nahrungskette gelangen
(NABU 2022).
Feuerwerkskörper erhalten zudem u.a. die Chemikalie Perchlorat, welche beim
Abbrennen nicht vollständig reagiert. Perchlorat ist wasserlöslich, persistent
und kann durch Niederschläge oder Schmelzwasser in Grund- und Oberflächenwasser
gelangen, wo es bereits nach Feuerwerksereignissen in erhöhten Konzentrationen
nachgewiesen wurde (Umweltbundesamt 2023, Brown und Gu 2006, Pace und Vella
2019). Perchlorat stellt ein Gesundheitsrisiko dar, da es die Iodidaufnahme der
Schilddrüse hemmt und so insbesondere bei Schwangeren, Säuglingen und Kindern
Entwicklungs- und Stoffwechselstörungen verursachen kann (Lyu et al. 2025). Ein
vom NABU unterstütztes nationales Spülsaummonitoring nach den OSPAR-Richtlinien
dokumentierte zwischen 2012 und 2017 an einem einzigen Küstenabschnitt 166
Plastikreste von Feuerwerkskörpern (NABU 2022).
Die Umweltbelastung durch privates Feuerwerk beginnt lange vor dem eigentlichen
Abbrennen in der Silvesternacht. Sie ist das Ergebnis einer globalen
Produktions- und Lieferkette, deren ökologische und soziale Kosten systematisch
ausgeblendet werden. Deutschland importiert den überwiegenden Teil seiner
Feuerwerkskörper aus China. Von Januar bis September 2024 wurden laut
Statistischem Bundesamt rund 25 900 t Raketen, Böller & Co. eingeführt. Seit
über 20 Jahren liegt der Anteil chinesischer Importe dabei bei mehr als 90 %
vgl. (Statistisches Bundesamt 26.11.2024). Damit legt der Großteil des
Feuerwerks eine lange Transportstrecke per Containerschiff zurück, wodurch
jährlich tausende Tonnen CO₂ verursacht werden (NABU 2014).
Tiere reagieren meist deutlich empfindlicher auf Feuerwerk als Menschen. Das
Zusammenspiel aus extrem lauten Knallgeräuschen, grellen Lichtblitzen,
Rauchgeruch und Erschütterungen löst bei vielen Arten akute Stressreaktionen und
den Fluchtreflex aus. Hunde reißen sich los, Katzen verstecken sich an
unzugänglichen Orten, Wildtiere rennen panisch in gefährliche Gebiete oder über
Straßen und Vögel fliegen durch die Panik gegen Hindernisse – teils mit schweren
Verletzungen oder tödlichen Folgen (van Herwijnen et al. 2024). Solche
Reaktionen können zudem für Menschen gefährlich würden, etwa durch
Verkehrsunfälle.
Jedes Jahr erleben Haustierbesitzer*innen die Panik ihrer Tiere während der
Silvesternacht. Besonders Hunde sind häufig von der Angst vor Feuerwerk
betroffen. Über die Hälfte leidet laut Umfragen mindestens teilweise unter
Feuerwerksangst, mit Symptomen wie Zittern, Verstecken oder Futterverweigerung
(Riemer 2019). Feuerwerk ist mit rund 145 Dezibel deutlich über der
Schmerzgrenze von 95 Dezibel für Hunde und kann zu dauerhaften Gehörschäden
führen (Frischengruber A, Troxler J, Tichy A, Senft B, Arhant C. 2022). Bei
Katzen ist Stress oft schwer zu erkennen, zeigt sich aber durch untypisches
Rückzugsverhalten oder Aggression (van Herwijnen et al. 2024). Auch Nutztiere
wie Pferde reagieren extrem sensibel. Als Fluchttiere geraten sie bei
plötzlichem Lärm schnell in Panik, was zu Ausbrüchen, Selbstverletzungen oder
Unfällen führen kann. Tiere in engen Ställen oder Käfigen sind besonders
gefährdet, da sie dem Stress nicht ausweichen können (Gronqvist et al. 2016,
Gates et al. 2019).
Für Wildtiere ist die Silvesternacht besonders problematisch, da sie keine
Möglichkeit haben, sich auf die plötzlichen Reize vorzubereiten. Besonders in
den Wintermonaten, wenn ihre Energiereserven ohnehin knapp sind, können
panikartige Fluchtreaktionen zu Erschöpfung, Verletzungen oder sogar zum Tod
führen. Fledermäuse werden durch den Lärm aus dem Winterschlaf gerissen und
verlassen in Panik ihre Quartiere, Igel werden abrupt geweckt und verlieren
dabei wertvolle Energiereserven. Hinzu kommt ein Anstieg von Stresshormonen und
eine Störung im Biorhythmus der Tiere, was zu Desorientierung und erschwerter
Nahrungssuche führen kann. Besonders empfindlich reagieren viele Vogelarten,
etwa Kraniche, Gänse oder Limikolen. Sie fliegen bei Feuerwerkslärm in Panik
auf, flüchten teils über weite Entfernungen, verlassen Rastplätze und kehren
tagelang nicht zurück – ein Energieverlust, der im Winter besonders kritisch
ist. Studien belegen, dass akustische Reize stärkere Reaktionen auslösen als
visuelle und dass Vögel sich nicht an Feuerwerk gewöhnen. Untersuchungen während
der COVID-19-Pandemie zeigten zudem, dass geringere Feuerwerksaktivitäten zu
deutlich weniger Stress bei Vögeln führten, was die Notwendigkeit von
Einschränkungen beim Feuerwerk unterstreicht (Nature, "Impact of reduced
firework activities during COVID-19 on bird stress levels").
Neben den bereits dargelegten großen Belastungen für die Umwelt und Auswirkungen
von Feinstaub auf Lunge und Atemwege, stellt Silvesterfeuerwerk eine direkte
Bedrohung für die körperliche und seelische Unversehrtheit von Menschen dar. Die
Freiheit des Einzelnen, Feuerwerk zu zünden, endet dort, wo die Sicherheit
anderer beginnt. Eine Grenze die in der Silvesternacht häufig und mit
gravierenden Folgen überschritten wird.
In der Silvesternacht kommt es jährlich zu schweren Verletzungen durch
unsachgemäßen Umgang mit Feuerwerkskörpern, insbesondere bei Kindern,
Jugendlichen und unbeteiligten Zuschauer*innen. In der Saison 2022/23 wurden in
Deutschland allein 838 Augenverletzungen durch Feuerwerk behandelt. Besonders
besorgniserregend ist dabei, dass Kinder unter 12 Jahren häufiger betroffen
waren als Jugendliche und bis zu 50% der Verletzten unbeteiligte Personen waren
(Gabel-Pfisterer et al. 2025). Im Jahreswechsel 2024/25 kam es zu fünf
Todesfällen und Dutzenden Verletzten durch Feuerwerksunfälle, die teils auf
illegale oder manipulierte Feuerwerkskörper zurückzuführen sind (DIE ZEIT 2025,
ZDFheute 2025a). Diese tragischen Ereignisse unterstreichen die dringende
Notwendigkeit, Kinder und Unbeteiligte durch geeignete Schutzmaßnahmen besser zu
schützen.
Die Silvesternacht versetzt unsere gesellschaftliche Infrastruktur jährlich in
einen vorhersehbaren Ausnahmezustand. Während ein Teil der Bevölkerung feiert,
werden die Grundpfeiler unserer Daseinsvorsorge – Gesundheitssystem,
Rettungsdienste und öffentliche Sicherheit – an ihre absolute Belastungsgrenze
und darüber hinaus gebracht. Die Folgen dieser Nacht sind keine unglücklichen
Einzelfälle, sondern ein systematisches Problem mit immensen sozialen und
wirtschaftlichen Kosten.
Für Krankenhäuser, Feuerwehren und Rettungsdienste ist der Jahreswechsel die
arbeitsreichste Zeit des Jahres (Deutsche Krankenhaus Gesellschaft 28.12.2023).
Die Notaufnahmen füllen sich mit Patient*innen, die schweren Verbrennungen,
Augenverletzungen und abgetrennte Gliedmaßen durch Feuerwerksunfälle erlitten
haben. Verletzungen, die oft lebenslange oder weitreichende Folgen nach sich
ziehen. Dieser Ansturm auf die Notfallversorgung ist umso dramatischer, als er
auf ein Gesundheitssystem trifft, dass durch den allgemeinen Pflegenotstand
ohnehin schon permanent unter Druck steht. Die medizinischen Fachgesellschaften
schlagen deshalb Alarm. Die Bundesärztekammer fordert angesichts der
vorhersehbaren schweren Verletzungen ein umfassendes Verbot von privatem
Feuerwerk, um das Personal in den Notaufnahmen zu entlasten und präventiv Leid
zu verhindern (Deutsches Ärzteblatt 2024). Auch die Deutsche Gesellschaft für
Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) und die Deutsche Gesellschaft für
Handchirurgie (DGH) dokumentieren das Ausmaß der Tragödien und warnen
eindringlich vor den Gefahren (DGOU; DGH 11.12.2024). Gleichzeitig sind die
Feuerwehren im Dauereinsatz, um Brände zu löschen, die durch fehlgeleitete
Raketen auf Balkonen, in Wohnungen und an Fassaden ausgelöst werden.
Die Silvesternacht ist in den letzten Jahren zunehmend zu einem Synonym für eine
massive Gefährdung der öffentlichen Sicherheit geworden. Besonders alarmierend
und absolut inakzeptabel sind die gezielten Angriffe auf Einsatzkräfte.
Polizist*innen, Feuerwehrleute und Sanitäter*innen – also jene Menschen, die zu
Hilfe eilen – werden mit Böllern und Raketen beschossen und an ihrer Arbeit
gehindert.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) fordert daher seit Jahren ein bundesweites
Verkaufsverbot für private Pyrotechnik, da diese immer häufiger als Waffe gegen
Menschen eingesetzt wird und die Anonymität der Nacht Straftaten begünstigt.
Hinzu kommen zahlreiche Sachbeschädigungen wie gesprengte Briefkästen,
beschädigte Autos oder zerstörte Haltestellen. Eine von der GdP initiierte
Petition für ein Böllerverbot erhielt 2024 über 2 Millionen Unterschriften
(Gewerkschaft der Polizei 2024).
Die Kosten für den jährlichen Feuerwerksexzess trägt dabei nicht der Einzelne
Verursacher, sondern die Allgemeinheit. Am Neujahrsmorgen müssen kommunale
Reinigungsbetriebe mit hohem Personal- und Maschinenaufwand hunderte Tonnen Müll
von Straßen und Plätzen entfernen. Hinzu kommen erhebliche Kosten für die
Reparatur von Sachschäden an öffentlicher Infrastruktur – von gesprengten
Mülleimern bis zu beschädigten Haltestellen – die die ohnehin knappen Kassen
vieler Städte und Gemeinden zusätzlich belasten.
Dieses Prinzip der Externalisierung von Kosten bedeutet: Die Gewinne der
Feuerwerksindustrie und des Einzelhandels werden auf Kosten der
Steuerzahler*innen finanziert. Diese tragen nicht nur die Reinigung und
Reparaturen, sondern auch hohe Kosten für Notfalleinsätze und
Krankenhausbehandlungen. Ein Verbot von privatem Feuerwerk ist daher nicht nur
eine Frage der Sicherheit und des Umweltschutzes, sondern auch der ökonomischen
Vernunft und der sozialen Gerechtigkeit.
Die in diesem Papier dargelegte wissenschaftliche Evidenz ist eindeutig: Die
massiven Schäden für Umwelt, Tier und Mensch, die Überlastung unserer
Einsatzkräfte und die hohen gesellschaftlichen Kosten durch privates Feuerwerk
sind nicht länger hinnehmbar. Diese Einschätzung wird von einer klaren Mehrheit
der Bevölkerung geteilt. Aktuelle Umfragen von Instituten wie YouGov (61%)
(YouGov 2023) oder im Auftrag von PETA (58%) (INSA Meinungstrend 2025) belegen,
dass die Bürger*innen ein Ende des privaten Böllerns befürworten. Diese Zeit des
leisen Zweifelns ist vorbei. Der Wunsch nach Veränderung ist laut und deutlich.
Länder wie die Niederlande haben bereits die notwendigen Konsequenzen gezogen
und umfassende Verbote für privates Feuerwerk erlassen (ZDFheute 2025b). Es ist
an der Zeit, dass Deutschland diesem fortschrittlichen Beispiel folgt und
Verantwortung übernimmt.
Wir schließen uns den Forderungen der Deutschen Umwelthilfe (DUH) sowie
zahlreicher weiterer Organisationen an und verweisen ausdrücklich auf den
Offenen Brief für ein böllerfreies Silvester an den Bundesinnenminister
(Mitzeichnen unter: https://www.duh.de/mitmachen/boellerfreies-silvester/).
Ein Verbot schafft Raum für Neues. Wir appellieren an die Kommunen, anstelle des
privaten Lärms, neue nachhaltige Traditionen zu etablieren. Professionell
organisierte und zentral durchgeführte Veranstaltungen wie Licht-, Laser-, oder
Drohnen-shows bieten beeindruckende Gemeinschaftserlebnisse für alle, ohne die
verheerenden Nebenwirkungen.
Immer wieder werden Argumente für den Erhalt privaten Feuerwerks ins Feld
geführt. Viele davon basieren auf Tradition, individueller Freiheit oder
wirtschaftlichen Überlegungen. Wir nehmen diese Gegenargumente ernst – möchten
aber deutlich machen, warum wir sie aus ökologischer, sozialer und
gesellschaftlicher Perspektive kritisch sehen.
Silvester und Neujahr sind geprägt von vielen unterschiedlichen Traditionen die
in verschiedenen Freund*innen- oder Familien-Kreisen unterschiedlich ausgelebt
werden. So gibt es das Neujahrs-Baden in den Niederlanden, das Berliner Essen im
Osten Deutschlands, oder das Schauen des Kultprogramms „Dinner for One“, welches
neben Raclette-Essen Einzug in viele deutsche Haushalte findet. Wir plädieren
dafür, gerade jenen vielfältigen und umweltfreundlichen Bräuchen mehr Raum zu
geben, die keine Schäden an Natur, Umwelt oder Gesundheit verursachen.
Das Abbrennen von privatem Feuerwerk zu Silvester ist dagegen keine uralte
deutsche Tradition. Zwar wurden Höhenfeuerwerke in der Geschichte zu besonderen
Anlässen wie Friedensschlüssen oder Hochzeiten gezündet, doch das massenhafte
private Böllern zum Jahreswechsel begann in Deutschland erst in den 1960er
Jahren – angetrieben durch den wachsenden Absatz der Feuerwerksindustrie.
Traditionen entstehen und wandeln sich im Laufe der Zeit, und so können auch
heute neue, sichere und umweltfreundliche Silvesterbräuche entstehen.
Beim Abbrennen von Feuerwerk entstehen erhebliche Schäden an Menschen, Tieren,
Umwelt und Eigentum. Diese Schäden beeinträchtigen nicht nur die Lebensqualität,
sondern auch die körperliche Unversehrtheit anderer (Art 2 GG) und wiegen daher
schwerer als das bloße Recht auf Unterhaltung oder Tradition. Eine gesetzliche
Einschränkung ist in diesem Fall keine willkürliche Freiheitsberaubung, sondern
eine notwendige Maßnahme zum Schutz der Allgemeinheit.
Feuerwerk wird überwiegend im öffentlichen Raum gezündet, nicht ausschließlich
auf privaten Grundstücken. Dadurch wird das Gemeingut beeinträchtigt. Die
wiederum dadurch entstehenden Kosten werden meist nicht individuell vom
Verursacher getragen, sondern von der Allgemeinheit in der Form von
Steuergeldern, Versicherungsbeiträgen oder persönlichen Gesundheitskosten der
Geschädigten (HUK Coburg).
Es stimmt: Feuerwerk ist für viele Menschen mit Emotionen, Staunen und
festlicher Stimmung verbunden. Der visuelle Reiz gilt als Höhepunkt des
Silvesterabends. Doch Freude und Ästhetik lassen sich heute auch anders erzeugen
– ohne die erheblichen Umwelt- und Gesundheitsbelastungen, die durch Lärm,
Feinstaub und Verletzungsgefahr entstehen.
Moderne Alternativen wie Licht-, Laser- oder Drohnenshows bieten ebenfalls
beeindruckende und einmalige Effekte. Gegensätzlich zu Feuerwerkskörpern
verursachen Drohnen, welche mit Elektrobatterien betrieben werden, nur sehr
geringe Geräusch- und Schadstoffemissionen (L. O'Sullivan 2024). Der eigentliche
Kern von Silvester – Zeit mit Freunden und Familie zu verbringen, das Jahr
gemeinsam ausklingen zu lassen und hoffnungsvoll ins neue zu starten – bleibt
dabei vollständig erhalten.
Ein Verbot des privaten Feuerwerks ist rechtlich durchaus umsetzbar. Bereits
jetzt ist der Verkauf und das Abbrennen von Feuerwerkskörpern der Kategorie F2
in Deutschland jährlich auf den Zeitraum vom 29. bzw. 28. Dezember bis 31.
Dezember begrenzt. Die rechtliche Grundlage hierfür bildet das Sprengstoffgesetz
(SprengG 2025) sowie die erste Verordnung zum Sprengstoffgesetz (§ 23 1.
SprengV). Gemäß § 24 1. SprengV kann die zuständige Behörde das Abbrennen von
Feuerwerkskörpern aus besonderen Gründen untersagen. Zudem haben viele Kommunen
bereits von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, das Zünden von Feuerwerk in
bestimmten Bereichen zu verbieten, beispielsweise in der Nähe von Kirchen,
Krankenhäusern oder Fachwerkhäusern.
Ein bundesweites, ganzjähriges Verbot des Verkaufs und Gebrauchs von
Feuerwerkskörpern der Kategorie F2 durch Privatpersonen könnte durch eine
Änderung der 1. SprengV erfolgen. Dies würde keine Änderung von größeren
Gesetzen erfordern und könnte durch eine entsprechende Verordnung des
Bundesministeriums des Innern jederzeit umgesetzt werden.
Es ist richtig, dass die Feuerwerksbranche einen erheblichen Teil ihres
Jahresumsatzes in den letzten Tagen des Jahres erwirtschaftet. Im Jahr 2024 lag
der Umsatz in Deutschland laut (VPI - Verband der Pyrotechnischen Industrie) bei
etwa 197 Millionen Euro. Auch der Einzelhandel – insbesondere Baumärkte,
Discounter und Supermärkte – profitieren in dieser kurzen Verkaufsphase von
hohen Zusatzumsätzen.
Ein Großteil der Feuerwerkskörper, die in Deutschland verkauft werden, stammt
allerdings nicht aus heimischer Produktion: Rund 90 Prozent der Silvesterböller
und - raketen werden in China hergestellt (Statistisches Bundesamt 26.11.2024).
Der wirtschaftliche Nutzen für den deutschen Arbeitsmarkt ist dadurch deutlich
begrenzt. Die wenigen verbliebenen deutschen Hersteller sind in ihrer
Beschäftigtenzahl überschaubar, was die wirtschaftlichen Auswirkungen eines
Verbots auf den hiesigen Arbeitsmarkt relativiert.
Dem gegenüber stehen erhebliche externe Kosten, die durch privates Feuerwerk
jährlich entstehen: Dazu gehören die Belastung des Gesundheitssystems durch
tausende Verletzungen, die Überlastung von Notfalldiensten, Reinigungs- und
Entsorgungskosten sowie Umweltschäden durch Feinstaub, Müll und Chemikalien.
Diese Kosten trägt derzeit die Allgemeinheit, nicht der Verursacher
(Umweltbundesamt 2023).
Gleichzeitig ergeben sich durch ein Verbot neue wirtschaftliche Chancen:
Umweltfreundliche Alternativen wie Licht- oder Drohnenshows bieten Potenzial für
lokale Veranstaltungsunternehmen und technische Dienstleister. Auch die
Entwicklung innovativer, emissionsarmer Feierformate kann neue Marktsegmente
erschließen – ressourcenschonend und sicher zugleich.
§ 23 1. SprengV (12.08.2025): § 23 1. SprengV- Einzelnorm. Online verfügbar
unter https://www.gesetze-im-internet.de/sprengv_1/__23.html, zuletzt geprüft am
13.08.2025.
§ 24 1. SprengV (12.08.2025): § 24 1. SprengV- Einzelnorm. Online verfügbar
unter https://www.gesetze-im-internet.de/sprengv_1/__24.html, zuletzt geprüft am
13.08.2025.
Deutsche Krankenhaus Gesellschaft (28.12.2023): Krankenhäuser in der
Silvesternacht stark belastet. Online verfügbar unter
https://www.dkgev.de/dkg/presse/details/krankenhaeuser-in-der-silvesternacht-
stark-belastet/, zuletzt geprüft am 13.08.2025.
Deutsches Ärzteblatt (2024): Bundesärztekammer drängt auf Verbot von privatem
Silvesterfeuerwerk – Deutsches Ärzteblatt. Hg. v. Deutscher Ärzteverlag GmbH.
Online verfügbar unter https://www.aerzteblatt.de/search/result/96480426-335c-
4b25-bd9b-10bc9fbfe31d?q=Feuerwerk, zuletzt aktualisiert am 30.12.2024, zuletzt
geprüft am 13.08.2025.
DGOU; DGH (11.12.2024): Notaufnahmen verstärken Teams an Silvester und Neujahr
durch erfahrene Handspezialisten. Online verfügbar unter
https://dgou.de/aktuelles/detail/notaufnahmen-verstaerken-teams-silvester-und-
neujahr-durch-erfahrene-handspezialisten, zuletzt geprüft am 13.08.2025.
DIE ZEIT (2025): Jahreswechsel: Fünf Tote, Hunderte Verletzte und Festnahmen in
der Silvesternacht. Online verfügbar unter
https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2024-12/silvesternacht-berlin-
festnahmen-grosseinsatz-messerverbot-pyrotechnik?utm_source=chatgpt.com, zuletzt
aktualisiert am 01.01.2025, zuletzt geprüft am 13.08.2025.
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verfügbar unter https://www.zdfheute.de/panorama/niederlande-boeller-verbot-
silvester-100.html, zuletzt aktualisiert am 13.08.2025, zuletzt geprüft am
13.08.2025
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